Med. Topographie Gmuend:049

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Franz Joseph Werfer
Versuch einer medizinischen Topographie der Stadt Gmünd
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Holland, den Niederlanden u. s. w. hatten. Auch machen jetzt häufiger als sonst mehrere unsrer Manufakturisten aus Mangel der Arbeit und des Verdienstes zu Hause, Versuche mit hiesigen Waarenartikeln nach Aussen selbst Handel zu treiben, in der Hoffnung sich wenigst einige Beschäftigung und etwas Verdienst verschaffen zu können; aber gar selten sieht man gegenwärtig dergleichen Speculationen gerathen, und öfter andern dadurch schaden.

Unter den übrigen Künstlern und Handwerkern machen die Wirthe, Mezger, Bäcker, Schuster und Schneider die zahlreichsten Zünfte aus, und diese sind auch in Verhältniß gegen die übrige Einwohnerzahl wirklich übersetzt, daher auch viele derselben ihr Fortkommen nicht oder hart finden können. Nicht so ungleich ist das Verhältniß der andern übrigen, als da sind: Buchdrucker, Buchbinder, Brunnenmeister[,] Büchsenmacher, Bürstenbinder, Bein- und Holzdrechsler, Fischer, Gärtner, Garnwascher, Blechner, Glaser, Gouillocheur’s[1], Hafner, Huf- und Messerschmiede, Kammmacher, Kirschner, Knopfmacher, Krämer, Kübler, Küfner, Kupferschmiede, Lebzeltner, Lichterzieher, Maler, Maurer, Müller, Nagelschmiede, Obsthändler, Orgel- und Geigenmacher, Perückenmacher, Roth- und Weißgerber, Säckler, Sägmüller, Sailer, Sattler, Schachtel- und Siebmacher, Schreiner, Seifensieder, Schlosser, Potaschensieder, Spengler, Stein- und Glasschleifer, Steinmetzer, Strumpfwirker, Trödler, Tuchmacher, Thürmer und Musikanten, Klein- und Großuhrmacher, Wagner, Weber, Weinläder, Ziegel- und Kalkbrenner, Zimmerleute, Zinngießer und Zuckerbäcker.

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Viele von diesen haben Gesellen oder Knechte und Lehrjungen und machen nebst den vielen Taglöhnern, Kutscher, Fuhrleuten und Handlangern die übrige Einwohnerzahl aus. Feld- und Ackerbau treiben außer, mehrern Wirthen, Bäckern, Müllern und Metzgern die Bürger wenig oder gar nicht, so gut jetzt manchem Brod- und Arbeitslosen Professionisten einiges Ackerfeld kommen möchte.

Die physische Erziehung der Kinder betreffend, so wird dieselbe besonders bis ins zweyte und dritte Jahr auch hier, so wie an gar vielen Orten, von vielen unverzeihlich vernachlässiget. Weibervorurtheile haben schon viele Kinder ins Grab gebracht, des Arztes Hilfe wird für die kränklichen Kleine selten oder gar nicht gesucht. Man zieht die Kinder größtentheils mit Wasser oder Kühmilch und Mehlbrey auf, und da, zumal im ersten Jahr, der Magen, besonders schwächlicher Kinder, für welche, so wie überhaupt für alle, nur die gesunde Muttermilch die natürliche und daher angemessendste Nahrung ist, jene nur oben hin oft zubereitete Kost nicht genugsam verdauet, so bekommen sie gerne Brechen, Bauchgrimmen, grüne, wässerichte Stühle, verstopfte Gekrösdrüße, stille Freises, und sterben gerne an dem Jamer, oder den Gichtern, und beträchtlich ist daher die Anzahl der jährlich gestorbenen Kinder; denn die unnatürliche Gewohnheit, daß Mütter ihre Kinder nicht selbst stillen, hat auch hier gegen frühere Zeiten sehr überhand genommen, deren Ursache mehr in gesuchter Bequemlichkeit und Gemächlichkeit, als in dem von vielen vorgeschützten Unvermögen, oder einer vermeintlichen, selten wirklichen Schwäche gegründet ist; und noch



Anmerkungen (Wikisource)

  1. WS: siehe w:de:Guilloche